2. Woche allein

Montag, 05. September. Der Tag beginnt für mich eigenartig. Wir haben oft mit einem Segler gesprochen, der mit der deutschen Frau zusammen war, sie ist vor 3 Wochen abgereist und er in dieser Nacht, ohne Tschüss zu sagen. Eigenartig, denn gestern habe ich noch mit ihm gesprochen. Positiv ist jedoch, dass der Wind abgegeben hat und das Schiff (normalerweise, d.h. ohne Paros Jet) ruhig liegt. Die kommenden Tage werden ruhig bleiben, so dass ich das Schiff aussen abspritzen kann. So eine Tonne Sand (ist stark übertrieben) habe ich vom Schiff gespühlt. Jetzt kann ich auch wieder auf die Fly sitzen. Ein Schiff mit einer CH-Flagge am Mast kommt an, aber kein Hafenmeister da. Ich weise sie ein und verabschiede mich. Als der Hafenmeister kommt, gehe ich zu ihm und gestehe mein Handeln. Kein Problem. Beim Rückweg sehen wir eine riesige Rauchwolke. Vermutlich brennt da ein Feld. Auch wenn der Wind nur schwach ist, er weht in die richtige Richtung. Da ich heute viel gearbeitet habe, gönne ich mir einen Apéro. Wiederum wollen sie mir das, auch nachdem sie wieder verschiedenen Käse gebracht haben, schenken. Mit energischem Prostest und der Androhung, dass ich nie mehr wieder komme, darf ich bezahlen. Beim Verlassen, rufen alle vom Personal, „Auf Wiedersehen, mein Freund“. Eine nette Geste.

Dienstag, 06. September. Ich habe gut geschlafen und der Wind kommt nun aus Süden. Der Hafen leert sich langsam, denn nun sind bis zum Sonntag top Verhältnisse um zu fahren. Angenehmer Wind und Wellen um die 30 cm.

Eine grössere Yacht legt zum Tanken an und ich komme mit dem Kapitän ins Gespräch. Nach diesem Gespräch weiss ich, weshalb die Marinas so gut besetzt sind, damit man keinen Winterplatz mehr findet. Es sind die italienischen Yachteigner, die hier jedes Jahr mieten. Man soll nicht über Geld sprechen, ich machs in dieser Beziehung aber trotzdem. Wir bezahlen in diesem Hafen pro Tag, inkl. Strom und Wasser € 26.04. In Neapel hat dieser Kapitän, sie mussten für 3 Tage infolge einer Reparatur anlegen, 1’800.– €, also 600 € pro Tag bezahlt, plus Strom, plus Wasser. Damit relativieren sich auch unsere Pläne für nächstes Jahr. Italien werden wir im Schnellzugs Tempo durchqueren. Zu den Kosten zählt auch das Essen. Heute hatte ich plötzlich Lust auf Fleisch. Dafür habe ich € 5.26 bezahlt. Aber beim Essen merkte ich, das war eindeutig zu viel und so habe ich morgen nochmals davon. Also 2.63 pro Tag, dazu kamen 2 Mören, 2 Stück Brot und eine Tomate. Also Frühstück,  Zwischenverpflegung am Mittag und z’Nacht keine 10 €. Ich geb mir ja Mühe, das Budget nicht zu überschreiten. Aber manchmal kommt da noch irgend etwas dazu, namens Lust. Da ist plötzlich ein Mars, Früchte oder eine Avocado. Alles in allem leben wir günstig, also wenigstens Verena, die mehr oder weniger kein Fleisch isst. So zwischendurch brauche ich schon ein gutes Stück Fleisch. Aber wie auch immer, es hat mir heute echt geschmeckt.

Mittwoch, 07. September. Ich studiere wieder etwas die Landkarte von Naxos. Im Süden waren wir nie, also beschliesse ich, für 10 Tage das kleinste Mopedle zu mieten. Es ist schon etwas klein, dafür sehe ich grösser aus. Um es kennen zu lernen, mache ich eine bekannte Tour und da es von der Kraft her gleich wie das vorher gemietete ist, komme ich gut zurecht. Bei der Rückkehr ist eine Charteryacht am festmachen. Ich sehe eine CH-Fahne und erbarme mich nach einer Stunde, dem Skipper zu sagen: Der Stecker ist schon in Ordnung es hat einfach zur Zeit keinen Strom……. Es hat nun eindeutig weniger Touristen. Es hat zwar viele Rucksack-Touristen, aber da muss man zwischen kleinen Rucksäcken (das sind die Tages-Touristen) und den grossen Rucksäcken (das sind Touristen die etwas bleiben) unterscheiden. Tagestouristen kommen noch viele, wenn auch deutlich weniger, aber die andern werden rarer. Wieder um 17.30 Uhr leget eine Fähre mit grossem Tempo an. Ein deutsches, schönes altes Segelschiff wird beschädigt.  Die Wellen der Fähre sind 1,5 Meter über den Quai gekommen. Als 1. geht der Kapitän des Seglers zur Fähre und will den Skipper sprechen. Der 2. Offizier der bei der Einfahrtsrampe steht, wirft ihn raus. Er geht zur Küstenwache und erstattet einen Seeprotest (Beschwerde). Aber auch er wird zum Spielball. Der Seeprotest wird aufgenommen, aber der Fährtrieb macht den Hafen dafür verantwortlich und dieser wehrt sich. Der deutsche Segelkapitän wird dies seinem Rechtsanwalt übergeben, aber es bleibt zu befürchten, dass nichts daraus wird und der Schaden an ihm hängen bleibt. Das ist ein echtes Ärgernis!!! Ach ja, Strom hats auch wieder keinen.

Donnerstag, 08. September. Gestern habe ich einem polnischen Segler unser 2. Stromkabel ausgeliehen. Heute morgen brachte es der Kapitän, sauber geputzt zurück und übergab mir ein Päckli Salami mit den Worten „echt polnisches Produkt“. Anschliessend habe ich mich zum Einkauf aufgemacht. Ich scheine mit dem Einkaufswagen immer etwas exotisch zu wirken, denn man sieht mir nach, was ich in den Spiegeln jeweils sehe. Aber ich schleppe kein 6 Pack Mineralwasser einen Kilometer weit. Am Nachmittag bin ich nochmals zum Stausee gefahren und habe die Eleonoren-Falken 2 Stunden beobachtet. Es waren 4 Paare zu bewundern. Paare deshalb (so vermute ich) weil praktisch immer 2 Vögel bei einander waren. Sie sind meist von der einen Talseite von hoch oben aufs Wasser zugestossen und haben dann wieder steil hochgezogen. Es ging lange, bis ich bemerkte, dass sie immer aus der Sonne aufs Ufer zugeflogen sind. Diese Falken können bis 102 cm Spannweite haben. Es sind elegante Flieger. Auf der Rückfahrt habe ich in Engares einen Zwischenhalt eingelegt und eine Marmorausstellung eines Künstlers besucht.

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Beeindruckender Wurzelstuhl

Na ja, echt Eindruck hat mir nur der geflochtene Stuhl aus einer Wurzel gemacht. Über Melanes bin ich zum Schiff zurück. Der Wind ist wieder da, aber zur Zeit erträglich.

Freitag, 09. September. Ja, es ist Freitag. Ich bin gefrustet. Seit Mitternacht keinen Strom mehr. Habe alles kontrolliert innen und aussen. Auch die Lampen leuchten nicht. Es ist jetzt 14 Uhr und immer noch keinen Strom. Schon zum Frühstück musste ich den Generator laufen lassen. Dann, nachdem bis 12 Uhr kein Strom vorhanden ist, muss ich den Generator laufen lassen um die Batteriebank wieder auf zu laden. Es ist irgendwie ein komischer Tag. Das Wetter will auch nicht recht und überhaupt. Diesen Tag muss ich als einen zum Vergessen abbuchen.

Samstag, 10. September. Langsam liegen die Nerven in Sachen Strom, blank. Es kümmert niemanden von den Schiffern, die lassen einfach den Generator laufen. Ebenso auf Französisch hat sich der Schiffsnachbar mit dem Motorkatamaran verabschiedet. Damit ist klar, ich muss unser Schiff neu verholen. Jetzt ist wieder Platz vorhanden. Ich verlängere auch die Spring, ziehe die eine weiter nach hinten und die andere nach vorn, denn jetzt sind wir den Wellen mehr ausgesetzt. Ein Gang zu Vodafone ist auch noch notwendig, denn ich kam nicht mehr ins Internet. Eine kleine Mopedle-Tour bringt mich nach Agiassos. Kurz nach dem Wegweiser Richtung Agiassos  steht das Kloster Timio Stavro. Die Sicht, die man von hier hat deutet darauf, dass es sich um eine ehemals militärische Einrichtung handelt. Als Nachtessen, nein, ich schäme mich nicht, gibts Fischstäbli.

Sonntag, 11. September. Ich will nur darüber schreiben, was es hat. Also ich schreibe nicht über Strom. Nach einem ausgiebigen Telefongespräch mit Verena verlasse ich gegen Mittag das Schiff und fahre nach Prokopios. Es ist hier einer der schönsten Strände von ganz Griechenland. Grobkörniger Sand (dafür aus Marmor, der klebt nicht). Ich geniesse das Bad im ruhigen Meer. Als ich dem Strand entlang laufe staune ich. Da gibt es Nackedeis. Auch da, Augen zu und durch. Da sie keine Badekleider trugen, weiss ich natürlich nicht, ob es Männer oder Frauen waren. Ich habe dann sofort umgekehrt, aber auch in der andern Richtung das Gleiche. Zurück zum Schiff kann da die Devise nur lauten und der bin ich nach gekommen. Ein Wetterwechsel kündigt sich an. Über den Bergen hats Wolken und auf Paros hat es sicher geregnet. Die Inseln Naxos und Paros sind Schwesterinseln, denn sie sind unterirdisch mit einander verbunden durch Fels und natürlich durch Marmorfels. Der Hafen ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Gemäss Hafenmeister bricht die letzte Ferienwoche in Griechenland an. Am 19. beginnt die Schule wieder und dann soll es ruhiger werden. Saison sei aber bis Ende Oktober, doch es werde bedeutend ruhiger.